Eine Reise der anderen Art…

in Zeiten von Corona

Corona hat die Welt still gelegt und gleichzeitig ins Chaos versetzt. Unsicherheit, Ängste, Sehnsucht und auch Hoffnung wechseln sich ab. Zuhause bleiben, keine Freunde treffen und umarmen, keine Reisen – eine wankelmütige Zeit, die wir alle erleben und durchmachen. Auch eine Zeit, um ins Innere zu schauen – eine Reise der anderen Art.

Corona – Auf einmal war nichts mehr so, wie es mal war

Es war ein Freitag der 13. und diesmal war er wirklich dunkel. Von Corona war natürlich schon die Rede, aber es wurde noch wenig ernst genommen. Bis am Donnerstag, dem 12. März 2020, viele Madrider in ihre Ferienhäuser oder –wohnungen flüchten wollten. Madrid war das Risikogebiet Spaniens, gefolgt von Katalonien. In unserer Region (Murcia) gab es bis dahin noch keinen offiziell erfassten Infizierten und das sollte auch möglichst so bleiben. So wurde am Freitag dem 13. in unserer Region eine Ausgangssperre verhängt. Nichts geht mehr – rien ne va plus.

Es war unwirklich. Es entstand ein seltsamer Knoten im Bauch, der noch größer wurde, als nur zwei Tage später die landesweite Ausgangssperre ausgerufen wurde. In Spanien flüchteten nun die deutschen Camper aus Angst, dass die Grenzen schließen könnten. Schier unzählige Wohnmobile rollten durchs Land – auf einmal waren sie Flüchtlinge…

Auch unsere Freunde, die immer ein halbes Jahr im sonnigen Süden verbrachten, machten sich auf den Weg. Unsicherheit machte sich breit: Was würde geschehen? Was ist noch erlaubt? Was geht noch und was nicht?

Schnell verwandelte sich das ansonsten sehr lebendige Land in ein kaltes Arsenal. Wir dürfen nur noch zum Einkaufen aus dem Haus oder wenn wir zur Apotheke oder zur Bank müssen. Und: Man darf raus, wenn man zum Finanzamt muss – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!

Spaziergänge ohne Hund: Verboten!

Joggen, Radfahren: Verboten!

Mit Hund sind Spaziergänge erlaubt, aber man darf sich nur 150 Meter von der Wohnung entfernen.

Alle Verbote werden streng kontrolliert und bei Verstößen hagelt es deftige Strafen.

Bei uns auf dem Campo sieht man keine Kontrollen, aber zwischendurch fliegt ein Hubschrauber herum.

Kein angenehmes Gefühl, auch wenn man den Sinn hinter dem Ganzen versteht. So schnell kann ein Staat jegliche Freiheit berauben – erschreckend.

Ok, es soll ja dem Wohl des Volkes dienen. Wir haben natürlich viele verschiedene Ansichten von Wissenschaftlern im Internet angeschaut und gehört. Es herrscht keine einheitliche Meinung vor, ganz und gar nicht. Sie sind sich auch nicht darüber einig, welche Maßnahmen sinnvoll und welche sinnlos sind.

Aber die Medien scheinen sich einig zu sein und verbreiten täglich die wachsenden Zahlen der offiziell erfassten (getesteten) Infizierten und der Toten. Das macht die Angst der Menschen größer und vielleicht soll es auch so sein.

Somit veränderte sich das komplette Bild der Gesellschaft. Von Lebendigkeit war nichts mehr zu spüren. Eine be- und erdrückende Stimmung machte sich breit. Beim Einkaufen Masken und Handschuh tragende Leute. Vor und in den Supermärkten Sicherheitskräfte. Abstand halten. Nicht zu viel einkaufen, aber auch nicht zu wenig – sonst müsste man ja täglich einkaufen.

Immer mehr Leute sind arbeitslos und wissen nicht mehr, wie sie den nächsten Monat überstehen sollen. Und 101 Fragen im Kopf: Wann wird die Ausgangssperre gelockert? Was passiert dann? Wie sieht die Zukunft in einem halben, in einem Jahr aus? Wird die Lebendigkeit zurückkehren?

Die Motivation ist im Keller und lässt sich nur schwer hoch holen. Mein Job läuft noch und das sogar sehr gut. Aber, es fehlt mir an Konzentration und mir fehlt ehrlich gesagt der Anreiz zum Geld verdienen. Auf der anderen Seite bin ich mal wieder dankbar für meinen Job. Andere Menschen haben es schwerer.

Anti-Viren-Programm auf realer Ebene

Das Wort „Viren“ – wie leicht ging es uns allen über die Lippen, denn bisher konnte es locker gesehen werden – wenn ein Virus den Computer befiel. Jetzt ist da ein echtes Virus, das in der realen und nicht in der virtuellen, technischen Welt eine Gefahr darstellt. Es gibt aber kein Anti-Viren-Programm, das wir mal schnell zur Hilfe holen könnten. Jetzt wird es ganz klar und zwar jedem: Das Leben ist endlich und kann schon morgen vorbei sein.

Und jetzt betrifft es auch Europa. Wir konnten sonst in die Ferne schauen, wo Krankheiten, Hunger, Krieg und anderes Elend vorherrschte. Aber es war so weit weg. Europa betraf das alles nicht.

Nun ist es ganz nah und scheint sich wie eine unheimliche Macht zu verbreiten. Auch du kannst morgen befallen sein! Auch du kannst morgen Hilfe brauchen! Und was, wenn dann keine Hilfe da ist?! Wenn es keine Beatmungsgeräte gibt, kein Platz für dich?

Und was passiert, wenn irgendwann ein Anti-Viren-Programm entwickelt ist? Wird die Wirtschaft in Schutt und Asche liegen? Ist die Gesellschaft sozialer oder asozialer geworden? Können wir noch friedliche, spaßige Reisen just for fun unternehmen?

Fragen über Fragen…

Stopp!

In diesen ersten zwei Wochen der Ausgangssperre merkte ich immer wieder, dass ich mich nur dann unsicher, ängstlich etc. fühlte, wenn meine Gedanken in die Zukunft reisten. Aber: Diese Zukunft war erfunden. Wer weiß schon, was zukünftig sein wird?! Niemand hat eine Glaskugel – und ich ebenso wenig. Solange ich in der Gegenwart blieb – war das Leben immer noch schön. Die Pflanzen, die Tiere – sie leben weiter und atmen vielleicht sogar tief auf.

Ich fütterte mich also mit negativen und sehr verwirrenden Nachrichten aus den Medien und mit meiner Vorstellungskraft. Mmmh…meine Vorstellungskraft war mal positiver und rutschte nun ins Dunkle ab. Da half nur ein klares: Stopp!

Durch meine Erfahrungen aus vergangenen Zeiten wusste ich, dass ich mich nur selbst aus dieser dunklen, erdrückenden und bedrückenden Spirale herausziehen konnte. Nein, es hat nichts mit rosarotem Denken zu tun. Es hat einfach damit zu tun, in der Gegenwart zu bleiben. Und die ist zwar momentan mit Corona bestückt – aber nur dann, wenn ich in die Medien schaue.

In meinem nächsten Umfeld gibt es eine blühende, sehr lebendige Natur. In meinem nächsten Umfeld gibt es meinen lieben Partner und meine lieben Hunde. In meinem nächsten Umfeld – findet die Gegenwart statt. Meine Gedanken reisten in die Zukunft oder in die Vergangenheit: „Hilfe, was wird passieren? Werden wir uns anstecken und sehr krank werden? Werden die Menschen krank, die wir in unser Herz geschlossen haben? Was werden die Politiker aushecken?“. Oder auch ein zurück und vor: „Ach was waren die Lagerfeuer und Treffen mit unseren Freunden schön. Wann wird das wieder möglich sein? Wie wohltuend waren die kleinen und großen Touren mit dem Wohnmobil. Wann können wir das wieder machen?“.

Wem hilft es, wenn ich, wenn wir uns mit negativen Gedankenreisen beschäftigen? Hilft es einem selbst? Hilft es dem nächsten Umfeld? Dem Partner? Den Hunden? Der eigenen Gesundheit?

Die Antworten auf diese Fragen sind sehr klar: Es hilft niemandem.

Also beschloss ich, diese Gedankenreisen zu beenden und das zu tun, was ich auch vor Corona tat und schon viel früher gelernt hatte: In der Gegenwart bleiben.

Passend dazu hatte ich mich bei Psi-Online zu einem Lehrkurs von Eckhart Tolle angemeldet. Und passend zum Beginn der dritten Woche der Ausgangssperre startete der Kurs. Ich zitiere nur eine Aussage von E. Tolle, die so was von stimmig zu meinem Entschluss war, den ich einen Tag vorher traf:

Die meisten Menschen leben so, als ob Vergangenheit und Zukunft wichtiger wären, als der jetzige Moment. Fast alle Menschen leben so. Und es scheint normal zu sein, den jetzigen Moment zu übersehen und immer zu glauben, der nächste Moment sei wichtiger, als der jetzige. Der jetzige Moment wird nur als Mittel zum Zweck betrachtet. Das ist ein unbewusstes Muster im menschlichen Verstand. … Man lebt dann immer nur für den nächsten Moment, egal ob der nächste Moment in fünf Minuten oder nächste Woche kommt oder wenn ich dies oder das erreiche: Es ist immer ein zukünftiger Moment, der für die meisten Menschen wichtiger ist, als der jetzige. Dadurch entsteht ein Unbehagen, eine Unzufriedenheit oder ein Gefühl der Unsicherheit oder der Angst. Und diese Gefühle sind immer im Hintergrund, manchmal auch im Vordergrund.“

Lebendigkeit ist in uns

Mir fehlte unter anderem die Lebendigkeit – die Lebendigkeit Spaniens, die Lebendigkeit um mich herum. Das Fröhliche, Lockere, Herzliche. Was ich dabei ganz übersah: All das ist auch in mir. Aber ich selbst habe all das mit Schutt und Asche überladen.

Meine Mutter sagte gestern zu mir: „Nein, ich denke darüber (Corona und Folgen) nicht nach. Es liegt nicht in meiner Hand. Es ist nicht sinnvoll über etwas nachzudenken, das nicht in meiner Hand liegt“.

Wir alle haben es nicht wirklich in der Hand. Wir sind zwar nun eingesperrt und versuchen damit das Virus auszusperren. Aber das funktioniert nicht über Jahre. Wir haben es auch nicht wirklich in der Hand, was die Regierungen entscheiden – das merken wir ja alle in diesen Zeiten.  Zumindest nicht, solange die große Masse überwiegend Angst und Unsicherheit spürt.

Deshalb habe ich beschlossen, mir an der Natur ein Beispiel zu nehmen – von der wir schließlich nicht abgetrennt sondern ein Teil von ihr sind. Sie war und ist verseucht und sie ist in der Lage, sich zu erholen.

Wenn der Großteil der Menschen lernt, im Jetzt zu bleiben und dadurch die Lebendigkeit behält oder zurück holt – werden Angst und Unsicherheit kleiner und die innere Stärke kehrt zurück.

Vielleicht habt ihr Lust, an dieser Reise teilzunehmen, eine Reise, die jeden Moment stattfindet. Aus vergangenen Zeiten weiß ich, dass sich diese Reise sehr lohnt – für die eigene Gesundheit, aber auch für das nächste Umfeld. … und mein Umfeld stößt an deins und deins an das des nächsten Menschen.

Ich möchte gar nicht das Drama um Corona runterspielen. Das Virus existiert und es ist vielleicht gefährlich, vielleicht aber auch genauso gefährlich wie andere Viren, die uns immer treffen könnten. Gefährlich ist es natürlich zur Zeit deshalb, weil zu viele Menschen auf einmal erkranken. Diese Gefahr besteht aber auch noch in einem halben Jahr, in einem Jahr und vielleicht noch viel länger.

Wenn wir nun alle nach und nach in Angst erstarren oder in niederdrückenden Depressionen verfallen – hilft das weder deinem Immunsystem noch der gemeinschaftlichen Kraft einer Nation, einer Gesellschaft, der Welt.

Das ist nun ein ganz anderer Reisebericht, als ihr es von mir gewohnt seid. Reisen erweitert den Horizont und das gilt auch für innere Reisen.

In diesem Sinne wünsche ich euch eine gute Reise.

5 Gedanken zu “Eine Reise der anderen Art…

  1. Liebe Marion, danke sehr für Deinen tollen ‚Reise‘-Bericht in dem Du sehr genau schilderst, was in all unseren Köpfen momentan rumschwirrt! Danke und toi toi toi

  2. Hier in Frankreich haben wir auch Ausgangssperre und schon der Rhein ist im Moment unerreichbar. Irgendwie ist die ganze Situation unwirklich und beklemmend. Merke, dass ich dabei bin die innere Ruhe zu verlieren.
    Habe mir gestern aber fest vorgenommen mich nicht mehr von den negativen Berichten überall beeindrucken zu lassen. Es tut mir und damit u.a. meinem Hund nicht gut. Jana spürt meine Unruhe genau und treibt Unfug, den sie eigentlich schon ewig nicht mehr gezeigt hatte.
    In diesem Sinne wünsche ich dir und deinem Umfeld alles Gute, bleibt gesund !!
    liebe Grüsse Karin

  3. Sehr schön geschrieben und auf den Punkt gebracht!
    Bringt einen zum Nachdenken
    Wir sind auch gerade aus Portugal zurück, ja mehr oder weniger geflüchtet vor der (in den Medien) beschriebenen angeblichen Internierung.
    Euch alles Gute
    Claus (Claus Harley)

  4. Ja – „ lebe im hier und jetzt“ und Du lebst wirklich (Bhagwan).
    Positiv denken und positiv auf die Umwelt zugehen.

    Diese Krise ist vor der Krise und vor der Krise…. Caronakrise – ökonomische Krise – Klimakrise… Die Erde ist krank und der Mensch ist schuld. Der Professor Dr. Lothar H. Wieler sagt in etwa: „Der Mensch breitet sich zu sehr aus, er dringt zu tief in die Natur vor, zerstört das ökol. Gleichgewicht, ist Fleisch von tropischen Tieren und wird mit gefährlichen Erregern konfrontiert…“

    Wir können alle etwas gegen den Zustand tun. Die Veränderung im Umgang mit der Welt, muss bei jedem Einzelnen stattfinden.

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